ein morgen im august


Der Gedanke beschäftigte mich seit ich aufgestanden war, ein schöner Gedanke, ein spannender Gedanke und zugleich ein lustvoller Gedanke.
Langsam zog ich die Wohnungstür hinter mir zu und lief die Treppen hinunter. 76 Stufen waren es bis unten, ich fühlte mich leicht und beschwingt, nahm ab und an zwei bis drei Stufen auf einmal. Zwischen Stufe 42 und Stufe 40, oder genauer gesagt, in der zweiten Etage begegnete mir Herr Wilk. "Morgen Herr Ammundsen" lallte er mir entgegen. Ich nickte nur freundlich zurück. Was machte es heute morgen schon, dass ein betrunkener Wilk sich auch nach drei Jahren, die ich nun hier wohnte, nicht merken konnte, dass ich Armand hieß. Mich beschäftigte etwas ganz anderes, etwas, dass mich in diesen Momenten ganz einnahm, etwas, dass mir kleine Schauer der Vorfreude über den Rücken laufen ließ. Wie mochte es heute sein? Heute an einem warmen Sommermorgen Anfang August. Es war nicht nur ein Begehren, sondern schon fast eine Sucht, die mich jeden Morgen in den Supermarkt an der Ecke zog. Es nährte und beflügelte meine Phantasie, war mein erster kleiner Höhepunkt des Tages. An den Wochenenden sehnte ich den Montagmorgen herbei.
Ich wollte sie sehen, sie, von der ich weder Vornamen noch irgendetwas wusste. Nichts über ihre Vorlieben, Wünsche, Gedanken, nichts darüber, was sich außerhalb des Supermarktes abspielte, nichts, was ihr Leben betraf.
Einzig, dass "Frau Sander" auf dem kleinen Schild an ihrem Kittel stand, machte sie nicht gänzlich namenlos.
Auf den ersten Blick war sie unscheinbar, eine kleine zierliche Frau mit dunkelblonden Haaren, die sie meistens nur mit einem einfachen Haargummi zusammenhielt. Ob ihr Blick nachdenklich, verträumt oder sogar arrogant war, wusste ich nicht zu ergründen.
Aber es ging etwas aus von ihr, sie hatte Anmut, egal ob sie schwere Kisten hob, oder ob sie Ware etikettierte. "Welche mochten es heute sein?" überlegte ich, als ich den Laden betrat. Ich kannte alle, sie schien sie willkürlich zu wechseln. Manchmal waren es drei Tage dieselben, dann wieder jeden Tag andere. Ich fragte mich, ob sie mich bemerkt hatte, ob sie was von dem erahnte, was in mir vorging, was ich mit nach Hause nahm. Manchmal schaute sie mich an und ich denke sie weiß es, sie schaut in meinen Kopf, kann meine Gedanken lesen, weiß welche Bilder ich in meinem Hirn speichere für die Stunden allein. Meinte ich es dann nur, oder hatte dieser Blick dann etwas dominantes? Wollte sie mir sagen, dass sie die Macht hat, dass sie entscheidet wie viel ich sehen darf, wie nah sie mich haben will, oder wie sie mich leiden lassen kann? Die Vorstellung erregte mich, während ich durch die Regale schlenderte.
Dann sehe ich sie, sie steht am Gemüseregal und packt Kisten mit Obst und Gemüse aus. Ich schaue ihren Nacken an, die Haare hat sie heute zu einem Knoten hochgesteckt. Meine Augen wandern weiter ihre Schultern hinunter, über ihren Po, ihre Beine. Und obwohl ich merke, wie die Erregung immer weiter Besitz von mir ergreift und ich es kaum abwarten kann, zwinge ich mich, mit dem Blick noch ein wenig auf ihren Beinen zu bleiben. Erst Sekunden später gleiten meine Augen tiefer. Tiefer, um das zu sehen, was ich begehre: ihre Füße.
Bilder wandern durch meinen Kopf, der Tag an dem ich sie zum ersten Mal sah. Es war letztes Jahr im Sommer, ihre Füße steckten in weißen Turnschuhen, sie trug sie barfuß. Ich beobachtete sie, während sie Kisten von einer Palette hob. Ich stand nur wenige Meter von ihr entfernt und beschäftigte mich scheinbar mit der Aufschrift auf einer Verpackung. Dabei hörte ich zu, wie sie lief. Jedes Mal gab es dieses Geräusch, ein Geräusch das Füße machen, wenn sie feucht wurden in einem Schuh. Für mich war es wie Musik, Musik, die meine Gedanken beflügelte, Musik, die mich nicht mehr viel anderes denken ließ.
Ich stellte mir vor, wie ich vor ihr kniete, wie ihr leicht süßlicher Geruch anfing, mir in die Nase zu ziehen, während ich ihr den Schuh öffnete. Ich würde ihr den Schuh ausziehen und mich fast nicht entscheiden können: Ihren Fuß direkt in mein Gesicht zu drücken, oder ihn erst langsam zu berühren, meine Finger zwischen ihre nassen Zehen zu stecken, ihn dann einfach vor mein Gesicht zu halten und seinen Duft zu genießen. Die Vorstellung ihre feuchten Fußsohlen zu lecken, während ich vor ihr kniete, ließ mich zittern vor Erregung.
Seitdem kam ich jeden Tag, nahm immer wieder andere Bilder und Phantasien mit. Einmal waren es schwarze Sandalen, ein anderes mal ein Paar leicht angeschmutzte Socken in Schlappen, dann Stiefel oder verschiedene Paar Turnschuhe. Ich war mir nicht mehr sicher, ob sie es nicht wusste. Einmal, als ihr eine Dose herunterfiel, stand ich neben ihr und hob sie auf. Dabei berührte ich ihren Fuß, unsere Blicke trafen sich sekundenlang und sie lächelte. Am nächsten Tag erschien sie mit neuen Schuhen, offenen Schuhen und lief arrogant aber sehr bedächtig an mir vorbei.
Heute trug sie blaue Flip Flops mit Blumenmuster, darüber eine aufgekrempelte Jeans.
Langsam ging ich zum Gemüsestand hinüber. Es schien heute menschenleer zu sein, es war Ferienzeit und noch dazu sehr früh morgens. Während ich drei Meter neben ihr Äpfel heraussuchte, konnte ich nicht umhin, immer wieder einen Blick auf ihre Füße zu werfen. Sie spielte mit ihren Zehen, während sie Orangen einsortierte. Ich schaute zu ihr auf und während sie mich anlächelte, gab sie einer Orange einen kleinen Stoß und sie kullerte auf den Boden. Es waren nur Sekunden, aber mir wurde heiß als ich mich herunterbeugte. Die Orange lag direkt vor ihren Füßen. Meine Hand war nur Millimeter davon entfernt und ihr Duft stieg mir in die Nase. Ich begann zu zittern, wollte ihren nackten Fuß berühren, als sie plötzlich ihren Fuß hob und den Flip Flop fallen ließ und mir ihre warme Fußsohle mitten ins Gesicht drückte. Während sie oben weiter Obst sortierte, hielt ich ihren Fuß in meinen Händen, meine Zunge wanderte zwischen ihre Zehen und ich fühlte ihr leichtes Beben und hörte ihren etwas schwerer werdenden Atem. Es war niemand da außer uns, und ich weiß nicht, wie lange ich vor ihr kniete bis ich eine Stimme hörte:
"Christine, komm mal bitte!"
Ihr Fuß war wieder in ihrem Flip Flop und während sie sich schon zum gehen umdrehte, flüsterte sie mir zu: "Wir sehen uns!"
Ich nickte nur und dachte: "Ja Christine, wir sehen uns..."


© 2004 jutta

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